Um mich herum gibt es jede Menge Menschen, die regelmäßig ihre Jogging Runden absolvieren.
Ich gebe zu, für mich ist das nichts, obwohl ich schon weiß, dass dies gesund ist.
Außerdem wird es mir, mit zunehmenden Alter, ständig eingeredet. Beim Arztbesuch fürchte ich jedes Mal die Frage‚welchen Ausdauersport ich regelmäßig betreibe’ (ist einmal im Halbjahr nicht auch regelmäßig?)
In den Frühjahrsausgaben der Frauenzeitschriften werden wie jedes Frühjahr Joggingtipps breitgetreten. Und der Physiotherapeut spricht von Faszien (muss mein Körper in den letzten 20 Jahren entwickelt haben – habe früher nie davon gehört), die durchs Joggen wunderbar geschmeidig gehalten werden.
Also beschließe ich: Jetzt geht es los!
Zum Glück habe ich gerade gelesen, wie man Gewohnheiten als festen Bestandteil ins Leben integrieren kann. Hal Elrod schreibt in seinem Buch ‚The Miracle Morning’ dass es dafür nur 30 Tage braucht, wobei er die ersten 10 Tage als UNERTRÄGLICH beschreibt, dann folgen 10 Tage, die er als UNGEMÜTLICH bezeichnet. Und endlich kommen die nächsten 10 Tage, die, nach denen ich strebe. Dann bin ich angeblich NICHT AUFZUHALTEN. Da will ich hin, zu Tag 30, also stelle ich mich nun diesem Experiment und bin gespannt, was auf mich zukommt.
Tag 1:
Sonntag früh, 8.00 Uhr: Ich liege gemütlich im Bett. Obwohl wir den 21. Juni haben, ist es draußen herbstlich dunkel. Schon am ersten Tag kämpfe ich zwischen weiterschlafen, gemütlichem Frühstück und joggen. Allein der Gedanke an das Joggen ist UNERTRÄGLICH. Aber ohne diesen ersten Tag werde ich es nicht bis zu Tag 21 schaffen. Dann erst werde ich merken, was es bedeutet, wenn ich nicht mehr aufzuhalten bin. Also starte ich meinen ersten Lauf. Das Bewusstsein dass dieser erste Lauf ohnehin als unerträglich definiert ist, lässt es mich ertragen. Und ich laufe, trotz Regenschauer, weiter. Zu Hause angekommen muss ich zugeben, auch wenn es zu Beginn unerträglich war, komme ich mit einem stolzen Gefühl etwas geleistet zu haben nach Hause. Mal schauen, wie das wohl weiter geht.
Tag 2:
Montag früh: Dunkle Regenwolken säumen den Himmel. Leider wollen diese nicht abregnen und verweigern mir damit die gewünschte Ausrede, meinen Lauf (erstmal) nicht zu machen. Also starte ich, bei gerade mal 11º. Dass ich erst gestern gejoggt bin, macht es natürlich nicht leichter (jeder weiß, dass die Muskeln einen Tag Ruhe benötigen). Aber ich will, ich will die 30 Tage schaffen, um zu sehen, ob ich spätestens ab dem 21. Tag spüre, dass ich nicht mehr aufzuhalten bin. Es ist ein Kraftakt und zu Hause angekommen verdamme ich das ‚ach so gesunde Joggen‘.
Tag 3:
Morgens, 10.00 Uhr in Deutschland – es ist Knopp… Zeit. Nein, leider nicht für mich. Für mich heißt es, die nächste Etappe nehmen. Heute muss ich mich bereits beim Anziehen der Jogging Sachen überwinden, denn allein das bedeutet Commitment. Aber ich mache mich auf!!! Jeder einzelne Schritt fällt mir schwer und ich frage mich wie ich auf den Irrsinns Gedanken kam, dieses Experiment zu starten. Während des Laufens ziehe ich alle Coachingtools zu Rate, die mir gerade einfallen:
Ich verspreche mir eine Belohnung – überlege, wie mich der heutige Tag meinem Ziel näher bringen wird – mache mir klar, dass ich mich durch den Blog zum Weitermachen committet habe – denke daran, wie fit ich mich nach dem gestrigen Lauf gefühlt habe …
Tatsächlich schaffe ich es, auch diesen dritten Lauf, der wieder einmal UNERTRÄGLICH (mir war ja auch nichts anderes versprochen worden) ist, zu Ende zu bringen.
Tag 4:
Heute musste ich mir das erste Mal Hilfe holen, um mich zu motivieren. Da ein Personal Trainer gerade nicht verfügbar war, entschied ich mich für einen Podcast. Rein zufällig fiel meine Wahl auf Gregg Swanson’s ‚Warrior Mind Podcast‚. Da ich mich zur Zeit im Kampf gegen meine inneren Widerstand (wirklich es ist ein Kampf) befinde, fand ich den sehr passend. Während ich anfänglich noch über das Aufgeben nachgedacht habe, hat mich das Podcast Thema irgendwann so abgelenkt, dass ich tatsächlich den Lauf zu Ende gebracht habe.
Fazit der ersten vier Tage:
Auch wenn es ein täglicher Kampf ist, mit Hilfe von Selbstmotivation, Ablenkung und Committment habe ich die ersten vier Tage geschafft.
Tag 5:
Tatsächlich bin ich immer noch dran! Heute früh hat mich sogar die Sonne begrüßt. Schon dachte ich, es müsse besser gehen, doch weit gefehlt. (ich vergaß wohl, dass ich mich ja immer noch in der Phase1 ‚UNERTRÄGLICH’ befinde. Und das soll ich noch 25 weitere Tage schaffen?! Während die Beine immer müder wurden, mir das Atmen schwer fiel, habe ich nachgedacht. Meinen Coachingkunden empfehle ich immer, ein Ziel in kleine Teilziele herunter zu brechen. Nein, ich werde jetzt nicht meine Laufstrecke verkürzen. Aber: Mein erstes Teilziel ist es, die Phase 2 ‚UNGEMÜTLICH’ zu erreichen. Nur noch 5 Tage – Tschakka, die Hälfte ist geschafft. Aber, was wäre ein erreichtes (Teil) -ziel, ohne die entsprechende Belohnung (wie die aussehen wird überlege ich mir bis morgen). Also nächsten Dienstag ist Belohnungstag. Das wird auch gleich im Kalender notiert.
Tag 6:
Heute fühlt es sich anders an: die Beine sind weniger schwer, die Muskulatur des übrigen Körpers schmerzt nicht mehr, der Kopf ist freier. Sind es der strahlendblaue Himmel, die wärmende Sonne, die Tatsache, dass heute Freitag ist oder dass ich schon über den Gipfel des Teilziels gelangt bin? Egal ich bin motiviert und starte. Zur Unterstützung habe ich mir heute Wingwave Musik auf den Ipod geladen. Durch die Aktivierung beider Gehirnhälften soll dadurch der Leistungsstress reduziert werden. Die ersten 200 Meter sind für mich wieder einmal die Schwersten. Danach finde ich langsam meinen Rhythmus. Heute nehme ich die Menschen war, die mir begegnen und ich kann sogar freundlich grüßen. Zu Hause angekommen, stelle ich fest: Ich habe die Strecke mühelos geschafft, bin wesentlich schneller gelaufen, längst nicht so müde und habe meine Umwelt warnehmen können. Die Wingwave Musik war somit eine tolle Unterstützung.
Tag 7:
Kopfschmerzen mitten in der Nacht künden einen Wetterumschwung an. Samstag früh, heute wird länger geschlafen und ausgiebig gefrühstückt. Mein Lauf ist auf Mittag geschoben. Leider gibt es heute eine Tornadowarnung und mittags schüttet es so stark, dass an Laufen nicht zu denken ist. Später gegen vier reisst der Himmel auf. Bevor ich mich hinter weiteren Ausreden verstecke, ziehe ich mir die Laufschuhe an und starte. Die Luft ist feuchtwarm und zum Schneiden. Nach 400 Metern geht erst mal nichts mehr. Ich überlege, ob ich umkehren soll, entscheide mich jedoch dagegen. Eine kurze Strecke im strammen Walk und es geht wieder. Unterwegs muss ich noch mehrere Pausen einlegen, aber zum Schluss ist auch dies wieder ein erfolgreicher Tag. Denn mir ist klar geworden, dass mein eigener Rhythmus wichtig ist für den Erfolg. Nur wenn ich nicht zu streng an meiner Planung festhalte, schaffe ich es weiter zu machen. Hauptsache ich bleibe im Flow.
Tag 8:
Heute hatte ich das erste Mal das Gefühl, dass ich es schaffen könnte. Dabei hatte ich bisher stark gezweifelt. Gleich zu Anfang meines Projekts bekam ich ein Feedback, dass mich stark ins Wanken gebracht hat. Obwohl ich, wie ich meinte sehr euphorisch über mein Vorhaben berichtet habe, war die spontane Reaktion: ‚das schaffst Du sowieso nicht’. Mit dieser Prophezeiung im Kopf, habe ich häufig darüber nachgedacht aufzugeben. Aber irgendwie hat es mich auch angespornt zu sagen JETZT ERST RECHT! Immer dann, wenn ich dachte es geht nicht mehr, hat mir dies die Motivation gegeben, die gefehlt hat. Ich werde zeigen, dass ich, entgegen aller Voraussagungen, nicht aufhöre. Heute lief es dann so gut, dass ich sogar die Laufstrecke erweitert habe – Tschakka!
Tag 9:
Gestern wurde ich gefragt, wie lang meine Laufstrecke denn eigentlich sei. Spielt das eine Rolle? Für mich eigentlich nicht. Ich möchte lediglich feststellen, ob es überhaupt machbar ist. Ist man nach 30 Tagen soweit, dass man NICHR MEHR ZU STOPPEN ist. Ist die innere Motivationskurbel dann derart angeworfen, dass man weitermachen will? Dies soll für jede Ihrer Gewohnheiten gelten, die Sie gerne aufnehmen möchten. Also was, wie lange und in welcher Zeit ist dabei egal.
Dennoch bleibt die Frage bei meinem heutigen Lauf im Hinterkopf. Könnte ich nicht doch noch ein bisschen länger laufen oder vielleicht auch schneller. Habe ich meine Komfortzone eigentlich schon verlassen. Und da es heute so gut ‚läuft’, erweitere ich Strecke dann doch ein wenig.
Tag 10:
Der Sommer hat begonnen und wir bekommen Temperaturen über 30º. Schön, ist mein erster Gedanke bevor sich blitzschnell die Frage einstellt: Wie und wann bringe ich den Lauf bei solchen Temperaturen unter? Optimal wäre natürlich schon vor dem Frühstück. Da ich kein Morgenmensch bin, entscheide ich mich aber für später. So gegen 10 habe ich mich aufgemacht und es war herrlich. Sonnenschein, blauer Himmel und ca. 22º. Da macht es doch richtig SPAß!!!!!!! Und während ich so laufe, stelle ich etwas Bemerkenswertes fest. Während ich vor ein paar Tagen noch gewillt war den Lauf wetterbedingt zu canceln, ist das jetzt anders. Es ist nicht mehr die Frage ob ich laufe, sondern wann mein Lauf optimal ist. Der Lauf ist also gesetzt – bin ich damit schon in Phase II und es ist nur noch UNBEQUEM?
Tag 11:
Inspiriert durch das Thema Mindfullness habe ich meinen Lauf heute unter dieses Motto gestellt. Ich kann erst um 11 starten, da ich vorher in einem Seminar war. Mein Thermometer zeigt bereits 29º, Hitze pur. Ich starte und konzentriere mich gleich zu Beginn auf meine Atmung. Das ist anfänglich noch nicht schwer. Allerdings bemerke ich schon nach kurzer Zeit, dass meine Gedanken ihren eigenen Lauf nehmen. (Noch) fit und positiv gestimmt, steuere ich meine Gedanken in Richtung Atmung. Konzentriere mich auf das Ein- und Ausatmen, fühle, wo und was ich im Körper spüre, zähle die Atemzüge. Schwerer wird es später, als meine Gedanken wieder einmal Richtung ‚Aufhören‘ gehen. Aber es funktioniert (selbst unter der enormen Hitze und mit der erweiterten Strecke). Ich schaffe es, mich gedanklich auf meinen Atem zu konzentrieren, werde ruhiger und jogge gleichmäßig weiter. Und so schaffe ich auch heute meine geplante Runde.
Tag 12:
Euphorie beflügelt mich. Ich habe mein erstes Teilziel geschafft. Auch mein Körper hat dies bereits bemerkt. Ich laufe locker und leicht, so als hätte mir das Joggen schon immer Spaß gemacht.
Tag 13:
Als ich um 6.00 Uhr wach werde wird mir schnell klar, wenn ich heute joggen möchte muss das bald sein. Bereits ab 9.00 Uhr bin ich verplant. Die Temperaturen sollen später auf weit über 30 Grad ansteigen. An einen Nachmittagslauf ist nicht zu denken. Heute muss ich gut planen. Eine viertel Stunde kämpfe ich noch mit mir, doch dann starte ich. Wer hätte das gedacht: ich mache mich um 6.15 auf zum Joggen. Und es ist toll – außer mir ist noch kein Mensch unterwegs. Die Sonne ist zwar am Himmel.
Tag 14:
Jegliche Euphorie ist verflogen. Es ist halb acht und bereits 26 Grad. Heute ist es besonders hart. Schon vor dem Lauf entscheide ich mich die Strecke zu kürzen. Ohne dies, würde ich es heute gar nicht schaffen. Also starte ich, immer das Ziel der kürzeren Strecke vor Augen. Das Luftholen fällt besonders schwer. Aber ich halte durch. Kurz vor dem eigentlichen Ziel packt mich der Ehrgeiz. Wenn ich es bis hierher geschafft habe, warum dann nicht weiter machen. Zu Hause angekommen stelle ich fest: es geht immer noch ein bisschen mehr.
Tag 15:
Bergfest – die Hälfte bis zu meinem großen Ziel ist erreicht. Das beflügelt. Der Jogginglauf fällt heute leicht. Ein einziger Gedanke zählt: ich kann es schaffen.
Tag 16:
Definitiv bin ich in Phase UNBEQUEM angekommen. Es geht nicht mehr darum, ob ich laufe, sondern wann und wie ich den Lauf bei den Wetterbedingungen am Besten unterkriege. Auch wenn das heißt früh morgens starte, ist das kein Ausschlusskriterium mehr. Denn nach jedem Lauf fühle ich mich klasse, kann klarer denken, bin gut gelaunt und erledige viel mehr Dinge an.
Tag 17:
Seit Tagen schmerzt mir die Hüfte. Vielleicht sollte ich doch aufgeben. Der Physiotherapeut verneint dies. Es ist nicht die Hüfte, sondern Muskulatur, die diese Bewegung nicht gewohnt sei und deshalb schmerze – weitermachen!
Tag 18:
Heute geht es für zwei Tage nach Hamburg. Ich muss noch packen und um 10 pünktlich an der Bahn sein. Dennoch lasse ich mir meinen Lauf nicht nehmen. Und siehe da, ich fühle mich prima, das Wetter ist optimal und ich schaffe den Lauf und auch pünktlich zur Bahn.
Tag 19:
Unfreiwillige Pause. Wir kommen erst abends aus Hamburg zurück und es ist schon dunkel. Schlecht geplant – hätte ich meine Laufsachen mitgenommen, wäre ich einfach in Hamburg gelaufen.
Tag 20:
Wer hätte das gedacht, dass ein Tag Pause eine solche Wirkung haben kann. Ich muss mich heute früh richtig aufraffen. Zwischendurch halte ich immer wieder an, weil ich außer Atem bin. Es ist als würde ich das erste Mal laufen. Aber ich halte durch und bin am Ende doch froh, dass ich nicht hingeschmissen habe.
Tag 21:
Nun sollte ich ‚NICHT MEHR AUFZUHALTEN’ sein. Fühle ich mich so? Ich weiß es nicht. Das Joggen gehört in meinem Tagesablauf – aber es fällt mir immer noch schwer.
Tag 22:
Es klappt wieder besser. Die Befürchtung, dass ein Tag Pause mich komplett zurück wirft hat sich nicht bewahrheitet. Obwohl ich schon gemerkt habe, dass es schwerer fällt wieder einzusteigen, als dranzubleiben.
Tag 23:
Gestern habe ich gelesen, dass die letzten Tage ausschlaggebend sind. Das Gefühl, die Gewohnheit ist nicht mehr wegzudenken, muss sich richtig verfestigen. Also gut, ich mache weiter. Und mittlerweile geht es nicht mehr nur ums Durchhalten. Mich hat der Ehrgeiz gepackt. Ich versuche jeden Tag ein wenig schneller zu werden.
Tag 24:
Es war nicht die Hüfte und meine Muskulatur hat sich an das Joggen gewöhnt. Keine Schmerzen mehr beim Joggen. Allerdings habe ich immer noch Mühe den richtigen Atem-Rhythmus zu finden.